Zahlen lügen nicht.
Wenn wir die Schweizer Bruttowertschöpfung betrachten, die den Ertrag aus wirtschaftlicher Tätigkeit als Differenz zwischen der Leistung einer Wirtschaftseinheit und der zur Leistungserstellung benötigten Vorleistung misst – nimmt der Sektor Bau, mit jährlichen Umsatz von fast 20 Milliarden (Stand 2018), eine immer grössere Relevanz ein. Im Jahr 2018 besetzt sie Baubranche, 5.3% des gesamten Bruttoinlandprodukts (BIP) zu Marktpreisen ausmachte, stieg die Gewichtung innerhalb von zehn Jahren markant. Betrachten wir hinzu die Preisentwicklung im Bausektor, so stiegen die Preise für Mehrfamilienhäuser im 2. Quartal 2019 im Vergleich zum 1. Quartal um 1.3% auf eine Jahresbasis von 3.1%. Der Preisanstieg verdeutlicht, die Austrocknung des Marktes für Immobilen mit hohe Rendite.
Die Bedeutsamkeit des Bausektors würde höher sein, wenn zusätzlich die Branchen ausserhalb des Baugewerbes berücksichtigt würden, die ausschliesslich baurelevante Produkte und Dienste erstellen und somit ebenfalls eine wesentliche Rolle spielen.
Diese Zahlen bekräftigen die anhaltende Stabilität des Bausektors, trotz Preissenkung in anderen Sektoren.
Beeinflussung der Wertschöpfung durch die Rendite
Käufer von Anlageimmobilien beeinflussen mit den Renditeerwartungen stark den Marktwert. Umso mehr müssen sich Unternehmer, die sich im Immobilienmarkt bewegen, auch mit unterschiedlichen Renditebegriffen auseinandersetzen. Im Wesentlich können statische und dynamische Renditekennzahlen unterschieden werden. Die statistischen Brutto – und Nettorendite können als Erfolgs- und Vergleichsmassstab für die operative Nutzung der Immobilien in Bezug auf den Verkehrswert herangezogen werden. Während die Bruttorendite aus dem Verhältnis zum aktuellen Verkehrswert ermittelt wird, müssen die Zahlen für die Nettorenditen auf den Nettoertrag korrigiert werden (Abb.1).
Anspruchsvoller und in der aktuellen Bewertungspraxis verbreiteter sind dynamischen Kennzahlen wie die Cash-Flow (DCF)-Methode, der Economic Value Added (EVA) Ansatz, die Internal Rate of Return (IRR) oder die Pay Back Methode.
- Die DCF-Methode eignet sich insbesondere für die mittel- bis langfristige (einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren umfassende) Beurteilung von Immobilien, die von Investoren für den entsprechenden Zeitraum als Vermögensanlage gehalten werden.
- Mit dem Economic-Value-Added-Ansatz werden die «Übergewinne eines Projektes nicht mehr pauschal, sondern mittels differenzierter Szenarien für die ersten fünf bis zehn Jahre geplant.
- Mittels der Internal-Rate-of-Return-Methode (dem internen Ertragssatz) lässt sich die finanzmathematisch exakt berechnete (Brutto-)Rendite eines Projektes bestimmen.
- Die Payback-Methode gibt an, wie lange es dauert, bis die positiven Cash-Flows eines Projektes die Anfangsinvestitionen ausgleichen.
Welche Rendite ist zu erwarten
Die Kaufangelegenheiten sind zurzeit aufgrund des ausgetrockneten Immobilienmarktes sehr rar. Die bevorzugten Renditeliegenschaften an guter Lage und zu einem vernünftigen Kaufpreis sind Mangelware geworden. Gemäss Expertenbefragung werden in der Stadt Zürich renovationsbedürftige Mehrfamilienhäuser teils zu einer Bruttorendite von unter 2% gekauft. Jedoch gelten Rendite- Richtwerte für die erwartete Nettorendite unter Berücksichtigung der immobilienspezifischen Risiken, wie Lage, Zustand und Bauqualität, der Bereich zwischen 4,0% und 5.0% für Wohnbauten und zwischen 5,0% und 5,25% für Geschäftsbauten. Hingegen wird bei erhöhter nachhaltiger Bauweise wie z.B. Minergie-P mit einer anfänglich niedrigeren Renditeerwartung gerechnet. Die ursprünglich höheren Kosten drücken zwar die Rendite nach unten, jedoch erhöht das nachhaltige Bauen die Werte im Bereich der Nachhaltigkeit und verursacht langfristig einen Mehrwert. Abschliessend ist zu sagen, dass allzu tiefe Renditen ein grosses Risiko darstellen können, denn mit den Bruttoerträgen müssen die anfallenden Kosten wie Bankzinsen, Verwaltungskosten, Unterhaltkosten und ins besondere die Bildung von Renovationsrückstellungen finanziert werden.
Neubau oder Sanierung? Ein wichtiger Entscheid für die Rendite
Nebst hohen Anschaffungspreise können Renovationen ebenfalls ein Rendite- Killer sein. Umso mehr muss dieses Thema genau durchleuchtet werden.
Bei Objekten an durchschnittlichen oder schlechten Lagen und Regionen besteht zurzeit ein eigentliches Erneuerungsdilemma. Die Objekte bedürfen einer grösseren Erneuerung, welche aber zu Mietzinsen führen würde, die von den am jeweiligen Standort interessierten Mietenden nicht bezahlt werden. Deshalb wird bei diesen Gebäuden zurzeit verbreitet nur der nötigste Unterhalt vorgenommen, um Baumängel und Leerstände zu vermeiden. Dabei besteht die Gefahr eines schleichenden Verfalls oder sogar der Verslumung.
Gemäss einer Studie des Instituts für Energie der Fachhochschule Basel sind die folgenden Faktoren für den individuellen Entscheid der Erneuerung wichtig:
- Bautechnische Probleme
Schallprobleme, Ersatz, Leitungen, Sanierung Gebäudehülle. - Funktionelle und strukturelle Defizite, ungenügende Markt- und Lagegerechtigkeit
Unzweckmässige Wohnungsgrundrisse, zu kleine oder gefangene Zimmer, fehlender Lift, fehlende Balkone, ungenügender Schallschutz, zu kleine Wohnungen. - Bestehende Ausnutzungsreserven, die bei einer Gesamterneuerung ausgeschöpft werden können.
- Lage des Objektes
Die Lage ist das zentrale Kriterium für das Mietzinspotential und damit für den möglichen Standard, der an einem bestimmten Ort noch Nachfrage findet. - Mietrecht. Überwälzung- und Rückstellungsregeln, Kündigungsfristen
Das Mietrecht erlaubt bei Gesamtsanierung nur die Überwälzung von maximal 50%–70% der Investition auf die Miete. Die Leerung eines Objektes dauert in der Praxis 6 Monate bis 2 Jahre. - Steuerrechtliche Rahmenbedingungen
Bei Mehrfamilienhäusern im Privatbesitz können wertvermehrende Erneuerungsinvestitionen von den Steuern abgesetzt werden. Seit der Abschaffung der Dumont- Praxis können Gebäudeunterhalt und Instandsetzung von Altliegenschaften steuerlich einfacher abgezogen werden.
Bei der kostenmässigen Analyse beider Erneuerungsvarianten sind gemäss der Studie keine wesentlichen Unterschiede zu notieren. Voraussetzung ist, dass sämtliche Kostenelemente (auch Leerstands- und Wiedervermietungskosten und unterschiedliche Gebühren) vom Moment des Entscheides für eine Gesamtneuerung bis zur vollen Wiedervermietung der Gesamtsanierung bzw. des Ersatzneubau mitberücksichtigt werden. Prinzipiell kann festgehalten werden, dass Ersatzneubauten einen grösseren Spielraum bei den Kosten aufweisen, solange diese an einer guten Lage liegen und mit der von den zahlungsbereiten Kunden gewünschten hohen Qualität erstellt werden. Auch können durch höhere Grundstückausnutzung die höheren Abbruch- und Leerstandkosten kompensiert werden. Das führt zu einem höheren Mietzinspotenzial. Dennoch besteht auch bei der Gesamtsanierung ein grosses Potential für die Minimierung der Mietausfälle, denn an schlechteren oder durchschnittlichen Lagen wird es beim Ersatzneubau schwierig sein, die spezifischen Vorteile (modern, technisch und qualitativ zukunftsorientierte Wohnungen) auszuspielen. Was den ökologischen Aspekt anbelangt, verdienen die zusätzliche Bauabfälle und Emissionen beim Abbruch und Neubau besondere Aufmerksamkeit. Die ökologische Bewertung beider Erneuerungsvarianten hängt von der Verwendung der Bauabfälle ab. Sie ist neutral, wenn eine hohe Recycling- und Wiederverwendungs-rate erreicht wird.
Herausfordernde Aufgaben des modernen Planers
Die Aufgaben des Planers gehen weit über die intensive Auseinandersetzung zwischen Raum und Umgebung hinaus. Nebst der technischen, funktionalen und gestalterischen Planung trägt er immer mehr eine komplexe ökologische und ökonomische Verantwortung. Der Wunsch nach einer zeitlosen Architektur und nach der Prägung von Baustilrichtungen muss immer mehr mit der Wirtschaftlichkeit des Objektes in Einklang gebracht werden.
Quellen:
Bundesamt für Statistik «Wertschöpfung»;
BFS- Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
Immobilia
Rudolf Vollkart, CF Grundlage von Finanzierung und Investition
SBV